28.10.2024
Die Kläranlage als Gesamtsystem
Prozesssicherheit bei der Schlammeindickung
Je nach Ausbaugröße der Kläranlage kommen unterschiedliche Klärverfahren zur Abwasserreinigung zum Einsatz. Kleinere Anlagen mit bis zu ca. 30.000 Einwohnerwerte (EW) werden häufig als Belebungsanlagen mit aerober Schlammstabilisierung gebaut. Größere Anlagen >30.000 EW sind jedoch meist als Anlage mit anaerober Schlammstabilisierung ausgeführt. Bei diesem Verfahren wird der bei der biologischen Reinigung entstehende Belebtschlamm aus dem Nachklärbecken abgezogen und in das Belebungsbecken zurückgeführt. Ein Teilstrom muss als Überschussschlamm jedoch entnommen und zusammen mit dem in der Vorklärung anfallenden Primärschlamm in den Faulturm zur anaeroben Schlammstabilisierung geleitet werden.
Eine Herausforderung ist dabei jedoch das erhebliche Volumen dieses Überschussschlammes. Aus der Nachklärung wird der Schlamm mit einer sehr hohen Verdünnung von nur ca. 5-10g/Liter abgezogen und muss daher auf die für den Faulturm optimale Konzentration von ca. 50 – 85g/Liter eingedickt werden. Das Volumen reduziert sich um ca. 80-90%. Dazu sind verschiedene Verfahren bekannt: u.a. statische Eindickung oder Abseihen, jedoch auch mit jeweils spezifischen Nachteilen. Eine sehr gute und vielfältig vorteilhafte Methode ist die Eindickung mittels Dekantern.
Einen Faulturm zu betreiben ist jedoch immer verfahrenstechnisch anspruchsvoll, aber gleichzeitig entscheidend für den gesamten Prozess sowie die anfallenden Betriebskosten der Kläranlage. Denn ein optimaler Faulprozess erhöht die Gasausbeute und reduziert damit die Energiekosten. Gleichzeitig lässt sich ein gut ausgefaulter Schlamm sehr gut entwässern, wodurch sich die Entsorgungskosten zudem reduzieren. Eine optimierte Beschickung des Faulturms wirkt sich sehr vorteilhaft auf die Prozessführung aus. Die Beschickung muss möglichst gleichmäßig und konstant sein. Das lässt sich mit einer Eindickung durch Flottweg OSE Dekanter mit Dickschlammregelung sehr gut darstellen.
Der Eindickprozess und Einflussfaktoren
Betrachtet man nun den Gesamtprozess so sind einige wichtige Punkte und Einflussfaktoren zu berücksichtigen:
- Die Zulaufbedingungen in die Kläranlage beeinflussen Konzentration und Volumen des Überschlussschlamms. Stichwort: Starkregenereignisse.
- Der Schlamm aus der Nachklärung sollte möglichst prozessoptimiert, d.h. nach Schlammanfall, abgezogen werden.
- Der Faulturm will möglichst mit gleichbleibender Feststofffracht und Konzentration beschickt werden.
- Der Abscheidegrad der Eindickung muss möglichst hoch sein um die Rückbelastung so gering wie möglich zu halten, >95% ist anzustreben. Besser wären dabei sogar > 98%
- Die Zugabe von polymeren Flockungsmitteln stellt im Faulprozess einen Störstoff dar und sollte daher so gering wie möglich ausfallen.
- Je mehr Polymer im Schlamm ist, desto höher ist die Viskosität und desto schlechter ist die Durchmischung im Faulturm. Die Gasausbeute geht zurück.
Der Anspruch:
Die Eindickanlage arbeitet möglichst autark, ohne viel Aufmerksamkeit durch das Betriebspersonal. Die Prozesssicherheit und Zuverlässigkeit ist dabei allerdings eine unabdingbare Grundvoraussetzung. Gleichzeitig bewegen sich sowohl die Investitionskosten als auch die Betriebskosten in einem vertretbaren Rahmen. Auf Änderungen im Gesamtprozess oder besondere Betriebssituationen kann die Eindickanlage problemlos angepasst werden.
Die Antwort: Der Dekanter
Durch die Eindickung des Überschussschlamms mit einem Dekanter wird die Struktur (Viskosität) des Schlamms verändert. Der eingedickte Schlamm ist von sämiger Struktur und lässt sich auch bei höheren TS-Gehalten leicht pumpen. Auch im Faulturm wirken sich diese Schlammeigenschaften durch die geringe Schaumbildung und leichteres Entweichen der Gasbläschen positiv aus. Im Gegensatz dazu ist der eingedickte Schlamm eines Bandeindickers von einer stark flockigen Struktur. Im Faulturm neigt dieser Schlamm deutlich mehr zur Schaumbildung.
Beim Eindicken mit Dekantern geschieht die Trennung Feststoff – Wasser im künstlichen Schwerefeld, d.h. die Feststoffpartikel werden durch das im Dekanter erzeugte vielfache der Gravitation abgeschieden. Polymere Flockungshilfsmittel (pFM) werden nur zum Polieren der Flüssigphase in sehr geringer Menge zugegeben.
Um oben genannten Einflussfaktoren gerecht zu werden, wurde der OSE-Dekanter von Flottweg für diesen Prozessschritt konstruiert und über die Jahre kontinuierlich verbessert. Darüber hinaus ermöglicht eine umfangreiche Steuer- und Regelungstechnik den eigenständigen Betrieb auch ohne Beaufsichtigung durch das Betriebspersonal. Ein umfangreicher Verschleißschutz des Dekanters stellt eine Lebensdauer weit oberhalb von 100.000 Betriebsstunden sicher und die Maschine ist auf einen 24/7-Betrieb ausgelegt. Der spezifische Energiebedarf liegt je nach Schlammeigenschaften bei ca. 0,10 – 0,3kWh/m³. Trommel- und Schneckengeometrie sind für ein einzigartiges Trennergebnis verantwortlich.
Der OSE-Dekanter ist ein geschlossenes System, biologisch kontaminierte Aerosole werden nicht in die Umgebung abgegeben. Die Schallemissionen sind aufgrund der geräuscharmen Bauweise und geringen Rotordrehzahl gering.
Polymerzugabe und -Regelung
Der Bedarf an pFM ist abhängig von der Feststoffbeladung, d.h. um immer die optimale Menge an pFM zu dosieren, muss die Dosierung anhand der Fracht geregelt werden. Dazu ist im Dünnschlammzulauf eine Sonde installiert, um die Feststoffkonzentration zu messen. Aus hydraulischem Zulauf und Konzentration wird die Fracht errechnet und die pFM-Dosierung entsprechend geregelt. Ein üblicher pFM-Bedarf liegt bei ca. 0,5 – 2 kg pFM/t TS. Der genaue Wert wird vom Bediener am Operator Panel eingestellt und dann von der Steuerung selbständig geregelt.
Eine sogenannte Vollflockung ist beim Verwenden des Dekanters nicht erforderlich, da das pFM nur zum Polieren des Zentrats eingesetzt wird, um den Abscheidegrad zu verbessern, nicht um die eigentliche Trennung zu ermöglichen. In der Regel ist der Einsatz eines preiswerten Pulverprodukts völlig ausreichend und zu empfehlen. Dabei ist Folgendes wichtig zu wissen: Neben den gängigen synthetischen Polymeren ist der Einsatz von biologisch abbaubaren Polymeren auf Chitin- oder Stärkebasis sehr gut möglich. Bei guten Schlammeigenschaften kann mit Einsatz des OSE-Dekanters auf pFM teils auch ganz verzichtet werden.
Dickschlammregelung
Veränderte Zulaufbedingungen wirken sich auch auf den Dickschlammaustrag aus. Für die Faulturmbeschickung ist aber sowohl eine konstante Feststofffracht als auch eine konstante hydraulische Menge von Vorteil. Um eben diese beiden Parameter sicher zu stellen, wird der OSE-Dekanter mit einer Dickschlammregelung ergänzt. Dazu wird die Konzentration im Dickschlamm mit einer Sonde gemessen. Über einen Algorithmus im SPS-Programm wird jetzt mit Hilfe des Simp Drive® die Dickschlammkonzentration konstant gehalten. Der Bediener muss am Operator Panel nur den gewünschten Wert, z.B. 6% TS, vorwählen, den Rest erledigt die Steuerung.
Den Abscheidegrad stets im Blick
Je höher der Abscheidegrad und je sauberer das Zentrat ist, desto geringer ist die Rückbelastung für die Kläranlage. Mit dem OSE-Dekanter ist dauerhaft ein Abscheidegrad von >95% zu erzielen, häufig sogar >98%. Zur Kontrolle überwacht ein Sensor die Zentratqualität. So haben Betreiber den Abscheidegrad stets im Blick. Bei Abweichungen können Sie gleich reagieren und zum Beispiel die Polymermenge anpassen.
Platzbedarf und Bedienung des OSE-Dekanters
Eine solche Eindickanlage ist sehr kompakt. Die spezifische Durchsatzleistung je umbauten Raum ist oft sehr viel höher als bei anderen Systemen, insbesondere bei größeren Anlagen. Das ermöglicht oft die Installation in vorhandenen Gebäuden oder hilft Baukosten zu sparen. Auch Containeranlagen lassen sich gut realisieren.
Neben Dünnschlamm, Dickschlamm und dem Zentrat werden natürlich noch wichtige Maschinenparameter wie Drehzahlen, Schwingungen, Lagertemperatur, Energieverbrauch sowie die Rohrleitungsdrücke überwacht. Dadurch hat der Bediener alle relevanten Parameter stets im Blick. Das ermöglicht die Eindickanlage vom Operator Panel oder vom Prozessleitstand zu bedienen und zu überwachen. Außer einem gelegentlichen Kontrollgang müssen vor Ort keine Eingriffe erfolgen.
Wartungsfreundlich und anpassbar
Der Flottweg OSE-Dekanter ist höchst wartungsfreundlich konstruiert. Alle wichtigen Baugruppen oder Bauteile sind gut zugänglich. Ein umfangreicher und hochwertiger Verschleißschutz in Verbindung mit korrosionsbeständigen Edelstählen (V4A und Duplex) reduziert den Wartungsaufwand auf ein Minimum. Lagerungen sind robust und langlebig. Alle Verschleißteile sind vor Ort austauschbar, daher sind keine längeren Stillstandzeiten während der Lebensdauer der Dekanter zu erwarten.
Auch Spezialwerkzeuge sind nicht erforderlich.
Darüber hinaus können die Servicespezialisten von Flottweg, nach Freigabe durch das Bedienpersonal, auf die Steuerung zugreifen und damit auch ohne Anreise Hilfestellung für Betrieb oder Wartung geben.
Neben der leichten Wartung kommt das System auch mit erweiterten Anforderungen sehr gut zurecht bzw. kann sehr gut darauf eingestellt werden. Sollten beispielsweise auf der Kläranlage Fadenbakterien (Microthrix) erscheinen und infolgedessen sich der Schlammindex markant verschlechtern, kann auch dieser Blähschlamm, trotz SVI von bis zu 300ml/g, noch gut verarbeitet werden. Dabei ist allenfalls mit einem erhöhten Polymerbedarf und / oder etwas geringerer Durchsatzleitung zu rechnen. Auch die Eindickung von Primär- oder Mischschlamm ist sehr gut möglich und bedingt lediglich eine optimale Maschineneinstellung. Falls in der Zukunft ein weitergehender Prozess installiert wird, z.B. eine thermische Hydrolyse, sind die OSE-Dekanter einfach darauf anzupassen.
Die konstant gleichbleibende Faulturmbeschickung spart Heizkosten und verbessert den Faulprozess, erhöht dadurch die Gasausbeute und verbessert letztlich die Energiebilanz der Kläranlage. Der 24-Stunden Betrieb reduziert zum einen die Investitionskosten, zum andern verbessert dieser aber auch die Prozessführung der Nachklärung.
Der Dekanter im Einsatz – Ein Beispiel
Kundenerfahrungen zeigen, dass sich durch den Einsatz des Dekanters für die Eindickung sowohl der Ausfaulgrad als auch das Entwässerungsergebnis verbessert haben. Durch die vollautomatische Einbindung des Eindicker-Dekanters in die Prozessführung haben sich die Verhältnisse in der Biologie zudem wesentlich verbessert: Das Ergebnis ist ein geringerer Sauerstoffverbrauch, eine geringere Rückbelastung durch sauberes Zentrat und ein konstant niedriger Schlammindex (90 – 110). Auch verbesserte Ablaufwerte bei NH4-N zeigen sich mit der Verwendung des Dekanters. Und letztlich wird die Entwässerung positiv beeinflusst, denn ein geringerer Energieverbrauch der Entwässerungsdekanter von 2,47 auf 2,12 kWh/m³, was rund -14 % bedeuten, zeigt sich außerdem.
Dieses Beispiel macht anhand einiger Parameter deutlich, wie sich die Eindickung durch die Verwendung eines OSE-Dekanters positiv verändern kann.
Autoren: Klaus Peisl, Leitung Abwasser- und Wasseranwendungen, und Alexandra Schlierf, Vertriebsingenieurin Abwasser- und Wasseranwendungen.